Gottesdienst unter Hygieneauflagen

Thu, 30 Apr 2020 10:39:10 +0000 von Hendrik Munsonius

Nachdem es wochenlang und insbesondere über die Osterfeiertage nicht möglich war, Gottesdienste zu feiern, wird es nun nach und nach unter Auflagen zur Teilnehmerzahl, Abstandsgeboten, Verwendung von Mund-Nase-Schutz, Verbot des Gemeindegesangs u.s.w. wieder zugelassen. Ob ein Gottesdienst unter solchen Maßgaben der eigenen Erbauung dient, wird sich jeder Christenmensch selbst beantworten müssen.

Kirchenvorstände und Pfarrerschaft stehen allerdings nicht nur vor der Frage, ob ihnen selbst solche Gottesdienste gefallen. Sie müssen Entscheidungen darüber treffen, ob überhaupt solche Gottesdienste ermöglicht werden. Dies kann durchaus zu Konflikten führen, und es fragt sich, wer hier letztlich zu entscheiden hat. Der Blick in die einschlägigen Kirchengesetze hilft hier nur bedingt weiter. Denn in vielen Landeskirchen ist die Verantwortung für den Gottesdienst nicht eindeutig geregelt, sondern Pfarrern und Kirchenvorständen gemeinsam zugewiesen. Wird das Kirchenrecht damit seiner Funktion, verlässliches kirchliches Handeln zu ermöglichen überhaupt gerecht?

Dass gerade im Zusammenhang mit dem Gottesdienst keine eindeutigen Zuständigkeiten auszumachen sind, hat jedoch seinen guten Sinn. Der Gottesdienst ist eine Angelegenheit der ganzen Gemeinde und aller an ihm beteiligten Personen. Das verträgt sich nicht mit monokratischen Entscheidungsstrukturen. Wer klare Hierarchien und eindeutige Entscheidungsbefugnisse haben will, sollte zum Militär oder vergleichbare Organisationen gehen. 

In der evangelischen Kirche sollte gerade an dieser Stelle der Gedanke der Dienstgemeinschaft wirksam werden. Daraus ergibt sich zweierlei: Erstens soll ein Gottesdienst nicht (nur) der eigenen Erbauung, sondern vor allem derjenigen der Gemeinde dienen, die sich dazu versammelt. Und zweitens wird dieser Dienst gemeinsam ausgeübt. Das kann aber nur gelingen, wenn die Entscheidungen auch gemeinsam getroffen werden. Einwände und Vorbehalte müssen gerade in einer derart ungewöhnlichen Situation beachtet werden. Es hat keinen Sinn, wenn die beteiligten Akteure nur mit Ängsten und Vorbehalten dabei sind.

Kreativität und Kooperation sind unter den obwaltenden Auflagen auch im Hinblick auf die konkrete Gestaltung gefordert. Die Beteiligung der Gemeinde geschieht herkömmlich vor allem durch gemeinsames Sprechen und Singen. Wenn nun aber das Singen unterbleiben muss, sind andere Formen der Gestaltung und Beteiligung zu suchen. Hier wird es darauf ankommen, die jeweils vorhandenen Gaben und Möglichkeiten wirksam werden zu lassen, damit ein Gottesdienst trotz aller Einschränkungen zur Erbauung der Gemeinde wirkt. (30.4.2020)
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