Weniger ist mehr – oder: Der große feine Unterschied

Mon, 23 Nov 2015 09:55:06 +0000 von Hendrik Munsonius

Eine Entdeckung kann machen, wer sich einmal genauer mit dem Advent beschäftigt. Man kann ja den Eindruck habe, als beginne mit dem Ersten Advent eine Festzeit, die sich über vier Wochen bis zu den Weihnachtstagen hinzieht und dann allenfalls noch bis zum Epiphaniastag am 6. Januar nachklingt. Doch warum wird schon vor dem eigentlichen Fest so lange gefeiert?

Ursprünglich ist der Advent eine Buß- und Fastenzeit, eine Zeit der Vorbereitung und Einkehr. Darum ist seine liturgische Farbe auch violett und das „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ in den Gottesdiensten fällt aus. Die Texte dieser Sonntage rühren an tiefste menschliche Erfahrungen: Vergänglichkeit, Schuld und Sehnsucht. Verheißung und Vorfreude zeigen sich unter dem Aspekt des „noch nicht“. Das Weihnachtsfest indes kündet von Erfüllung, Heil und Freude. Seine Farbe ist das festliche Weiß und selten sind Kirchen und Häuser so reich geschmückt, wie zu diesem Fest.

Seit mit der Unterschied zwischen Advent und Weihnachten bewusst ist, sind mir beide Zeiten wertvoller geworden, und ich koste sie auf ihre Weise aus. Besonders den Advent suche ich anders zu begehen als zuvor. Es gibt ein paar Kennzeichen dieser Zeit, auf die ich nicht verzichten will: die vier Kerzen, die nach und nach entzündet werden, und der Herrnhuter Stern, der ab dem Vorabend des Ersten Advent in meinem Fenster leuchtet. Doch im Übrigen lautet meine Devise: Weniger ist mehr! Ich entschleunige, mache möglichst nichts Zusätzliches – auch nichts „Besinnliches“. Die Gottesdienste am Sonntag lasse ich mir genügen. Und was ohne Schaden bis Januar aufgeschoben werden kann, wird gerne mal aufgeschoben.

Das Fest beginnt mit dem Heiligen Abend. Und dann weiß ich auch alles zu schätzen, was die Tradition bietet: Weihnachtsbaum und Krippe, Festessen und Gebäck, Familientreffen und Weihnachtsmusik. Die Tage „zwischen den Jahren“ und bis zum Epiphaniastag werden so zu einer ganz unalltäglichen Zeit. Und das mag noch über Wochen nachklingen. Den Herrnhuter Stern lasse ich bis zum 2. Februar leuchten, dem Fest der „Darstellung des Herrn“. Erst dann ist der Festkreis für mich ganz rund.
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